Achtung Wild – jetzt besteht erhöhte Unfallgefahr

Zeitumstellung führt zu mehr Wildunfällen

Statistisch findet alle zwei Minuten ein Wildunfall in Deutschland statt. Wird im Frühjahr und Herbst die Uhr umgestellt, ist die Gefahr besonders hoch. Denn Wildtiere benötigen einige Tage, um ihr Verhalten an veränderte Verkehrsaufkommen anzupassen. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg hat verschiedene Maßnahmen gegen Wildunfälle getestet. Was wirkt?

Die Zeitumstellung führt aktuell wieder zu mehr Wildunfällen.

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„Ab April sind viele Wildtiere auf der Suche nach geeigneten Lebensräumen und Partnern. Dann überqueren sie Straßen häufiger als sonst. Das passiert meist in der Dunkelheit oder Dämmerung. Verschiebt sich plötzlich der Berufsverkehr, sind die Tiere nicht darauf eingestellt“, erklärt Dr. Falko Brieger, Experte für Wildunfälle an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA).

Eine lebensgefährliche Situation für Mensch und Tier: Jährlich sterben bundesweit im Schnitt zehn Personen bei Wildunfällen, 2 000 bis 3 000 werden verletzt. Insgesamt 250 000 Wildtiere fallen den Zusammenstößen zum Opfer. Mit Abstand am häufigsten Rehe (200 000), gefolgt von Wildschweinen (20 000). Füchse, Marder und Hasen sind ebenfalls oft betroffen, allerdings existieren für sie keine Gesamtzahlen. Der Sachschaden liegt bei knapp einer Milliarde Euro pro Jahr.

Wildwarnreflektoren sind wirkungslos

Brieger und sein Team am FVA-Wildtierinstitut suchen nach Wegen, den Verkehr in Wildgebieten sicherer zu machen. Zu den ältesten und bekanntesten Schutzmaßnahmen in Deutschland gehören Wildwarnreflektoren an Straßenleitpfosten. Sie sind seit über 60 Jahren im Einsatz. „Wir haben ihre Wirkung auf das Wildtierverhalten umfangreich mittels Videotechnologie untersucht und sind zum Ergebnis gekommen, dass sie das Risiko eines Unfalls nicht reduzieren“, sagt der Diplom-Forstwirt.

Wesentlich wirksamer sind Querungshilfen wie Grünbrücken und Unterführungen in Kombination mit Wildschutzzäunen an besonders kritischen Stellen: „Für die Verkehrssicherheit und den Lebensraumverbund wichtige, teure und nur punktuell umsetzbare Instrumente“, konstatiert Brieger. Der Experte schlägt deshalb einen gezielten Mix aus Maßnahmen vor.

Faktor Mensch muss einbezogen werden

Wie dieser aussehen könnte, wird derzeit im Nachbarland untersucht. Als Modellregionen dienen der Bodensee- und Enzkreis, eine Region zwischen Nordschwarzwald und Karlsruhe. Hier wurden an Wildunfallstrecken digitale Displays zur Warnung von Verkehrsteilnehmern installiert. Auf weiteren Abschnitten sollen zudem temporäre Geschwindigkeitsbegrenzungen und vergrößerte Verkehrszeichen erprobt werden. An unübersichtlichen Straßenrändern werden Büsche und Sträucher ausgedünnt. Noch stehen die Praxistests am Anfang.

Grundsätzlich appelliert Brieger dafür, auf Ãœberlandstraßen mit gesteigerter Aufmerksamkeit unterwegs zu sein. „Menschen können ihren Teil zur Unfallprävention beitragen, indem sie sich der Gefahr durch querende Wildtiere bewusst sind und besonders in Straßenabschnitten im Wald oder bei eingeschränkten Sichtverhältnissen mit angemessenem Tempo fahren.“

Dass der Mensch auf dem alltäglichen Weg zur Arbeit meist die gefährdeten Strecken, ja die Wildwechsel, kennt, das schützt leider nicht vor Unachtsamkeit. Doch in den nächsten Wochen sollte jeder Autofahrer sich der erhöhten Gefahr bewusst sein, fasst der Forstwirt die derzeitige Lage zusammen.

 – LW 14/2024